Der Premieren-Grand Prix in Florida wurde im Vorfeld vielerorts bejubelt und sehnlich erwartet. Nach einigen Jahren der Spekulation und Planung war es am vergangenen Wochenende also so weit und das erste von zwei US-Rennen in diesem Jahr ging über die Bühne. Eine riesige Fete bei bester Stimmung und voller Hütte war es. Dutzende Stars und Sternchen aus der Welt des Motorsports und darüber hinaus waren zugegen um dem Hype und der Partylaune noch eine saftige Portion Glamour zu verleihen. Typisch Amerikanisch also war der Entertainment-Faktor sehr hoch. Sportlich konnte das Rennwochenende dem Rummel nicht ganz das Wasser reichen, einige spannende Momente und diskussionswürdige Szenen gab es natürlich dennoch. Zudem zeichnet sich nach nunmehr fünf absolvierten Rennen ein Duell um die WM-Krone ab.
Eine gute Mischung
Der neue Kurs scheint gut gelungen. Eine Mischung aus Baku, Monaco und Jeddah sei es geworden, so hörte man aus einigen Ecken. Sehr enge und verwinkelte Passagen wechseln sich mit schnellen, flüssigen Kurven ab. Dazu drei brauchbar lange Geraden mit DRS, die für Überhol-Action sorgen sollen. Da es sich auch in Miami um einen Stadtkurs handelt, sind die Mauern immer gefährlich nah, Fehler werden also gnadenlos bestraft. Das bekamen schon vor dem Rennen einige Fahrer zu spüren. Esteban Ocon konnte gar nicht erst am Qualifying teilnehmen, da er sein Auto im Training demoliert hatte und die Mechaniker nicht mehr rechtzeitig mit der Reparatur fertig wurden. Auch Carlos Sainz hatte wieder einen Unfall und landete mit seinem Ferrari in der gleichen Mauer wie der eben erwähnte Ocon. Ein schmerzhafter Kontakt, wie er im Nachgang sagte. Die Streckenbetreiber mögen bitte nachbessern und an die besagte Stelle künftig eine weichere TecPro-Barriere platzieren. Ansonsten fiel das Urteil zum neuen Kurs rund um das Hard Rock Stadium positiv aus. Ausnahmslos jeder lobte die tolle Atmosphäre in Miami. Die ganze Stadt war elektrisiert und im F1-Fieber. Davon kann sich so mancher Austragungsort die ein oder andere Scheibe abschneiden. In Florida fühlte sich die Formel 1 am vergangenen Wochenende jedenfalls herzlichst willkommen.
Der WM-Kampf lebt
An der Spitze haben wir das, in dieser Saison, gewohnte Bild gesehen: die roten Ferrari kämpfen mit den roten Bullen um den Rennsieg und – mit großer Wahrscheinlichkeit – auch um die WM-Krone am Ende des Jahres. Beide Fahrzeuge unterscheiden sich zwar vom Charakter grundsätzlich, produzieren aber ähnlich schnelle Bestzeiten. Beide Teams haben einen Fahrer, die das Tempo in der Regel auch umsetzen können. Sofern es keine Unfälle oder Defekte gibt, scheinen die vorderen vier Plätze fest vergeben – wenn auch in wechselnder Reihenfolge. Auch mit der neuen Strecke in Miami kamen die zwei Spitzenteams besser zurecht als alle anderen und die beiden Ferrari waren nach dem Qualifying besonders zufrieden. Pole Position für Charles Leclerc, Teamkollege Sainz daneben auf Rang zwei. Zugegeben: Max Verstappen im Red Bull hatte bis dahin kein einfaches Wochenende. Am Freitag kam er kaum zum Fahren, weil sein Bolide Probleme machte. Auf der entscheidenden Quali-Runde dann ein kleiner Fehler. Folglich nur Startplatz drei für das Rennen am Sonntag. Sergio Perez im zweiten Red Bull startete von Platz vier ins Rennen und hatte am Ende der Qualifikation weniger als 0.250 Sekunden Abstand auf die Pole. Es geht also sehr eng zu an der Spitze und Kleinigkeiten entscheiden wer sich durchsetzen kann. Hoffen wir, dass dieser Kampf bis Saisonende so spannend bleibt.
Hinter der Spitze lag Valtteri Bottas im gut aufgelegten Alfa Romeo. Das ist in dieser Saison keine Überraschung mehr. Etwas mehr überraschend war das Abschneiden von Haas. Nur P15 und P16 für die US-Mannschaft auf heimischem Boden. Mick Schumacher konnte immerhin seinen Teamkollegen besiegen. Durchwachsene Vorstellung von McLaren im Quali. Lando Norris schmuggelte seinen Boliden zwar irgendwie auf Platz acht, Daniel Ricciardo lag deutlich weiter hinten mit P14. Ähnlich sah es bei Mercedes aus. Lewis Hamilton konnte sich auf Platz sechs qualifizieren, für George Russell reichte es nur zu Rang 12 am Samstag. Ansonsten ein bunt gemischtes Feld. Beide Alpha Tauri in den Top Ten, Aston Martin auf dem aufsteigenden Ast mit P10 und P13, Esteban Ocon ohne gewertete Runde als letzter. Eine gute Ausgangslage für ein spannendes Rennen.
Eine Zugfahrt, die ist lustig…
Warum ich diesmal ungewöhnlich viele Worte zum Qualifying verliere, hat natürlich einen Grund: das Rennen selbst war eher durchschnittlich. So richtig überzeugendes Racing hat der Kurs in Miami bei der Erstausgabe noch nicht geboten. Der ein oder andere Schauer war angekündigt und hätte der Spannung sicher gut getan. Aufgrund der hohen Temperaturen und des fahrerisch anspruchsvollen Layouts rechneten nicht wenige mit einer hohen Fehlerquote und zahlreichen Zwischenfällen. Auch die Reifen sind auf einer nagelneuen Strecke erstmal eine große Unbekannte und potentiell als Spannungselement tauglich. Nun, fast nichts davon traf am Ende ein. Der Regen blieb aus, die Reifen hielten brav durch und boten guten Grip. Die im Rennen überwiegend verwendeten Mischungen Medium und Hard unterschieden sich in ihrer Leistungsfähigkeit zudem kaum, so dass am Rennende Sergio Perez mit frischen Mediums trotzdem nicht an Carlos Sainz in ausgelutschten Hard-Reifen vorbeikam. Gut, sein Wagen war zu dem Zeitpunkt auch etwas angeschlagen, aber der Reihe nach:
Am Start konnte Max Verstappen bereits einen Platz gut machen, ging an Sainz vorbei und fuhr geduldig hinter Charles Leclerc. In Runde 9 schnappte er sich dann den zweiten Ferrari und machte sich daran den Grand Prix fortan zu kontrollieren. Ab dem Zeitpunkt war die Luft vorne eigentlich raus. Und dahinter tat sich auch nicht wahnsinnig viel. Spannend war die Frage wie sich die unterschiedliche Strategien bei der Reifenwahl auswirken würden. Einige Fahrer waren auf Hard losgefahren, die meisten auf der weicheren und schnelleren Medium-Mischung. Wer früh stoppen und Reifen wechseln musste, geriet in Gefahr hinter den Kollegen auf Hard zu landen und nicht vorbei zu kommen. So geschehen bei den beiden Haas-Fahrern. Nach einer tollen Anfangsphase fuhren Kevin Magnussen und Mick Schumacher bereits in den Punkten. Nach ihrem Boxenstopp hingen sie im Mittelfeld fest und kamen bis Rennende nicht mehr aus dem sprichwörtlichen „DRS-Train“.
Es gab aber auch Profiteure dieser Taktik. Esteban Ocon fuhr geduldig vom letzten Rang auf Platz 8 vor, George Russell pilotierte seinen Mercedes so lange auf harten Gummis um die Strecke, bis ihm das späte Safety Car praktisch einen Boxenstopp schenkte. Ein starker fünfter Rang für den jungen Briten. Auch Alex Albon mogelte sich erneut von weit hinten in die Punkteränge.
Deutsches Desaster
Punkte hätte es auch für die beiden Deutschen Fahrer geben können. In einer etwas unübersichtlichen und wilden Phase gegen Ende des Rennens witterte Mick Schumacher eine Lücke und wollten den vor ihm liegenden Vettel überholen, aber er hatte sich verschätzt und räumte seinen Kumpel von der Strecke. Aus der Traum von den ersten Punkten für Mick. Schade, denn bis zu diesem Zeitpunkt zeigte er ein starkes Rennen und war das ganze Wochenende mindestens auf Augenhöhe mit seinem Teamkollegen. Was Vettel verwehrt blieb, schaffte Teamkollege Stroll. Beide Aston Martin mussten den Grand Prix aus der Boxengasse starten, da es an beiden Autos Probleme im Bereich der Benzinzufuhr gab. Auch sie fuhren auf harten Reifen los und spekulierten auf Chaos und das ein oder andere Safety Car. Und selbiges kam dann auch und weckte die Zuschauer am heimischen TV aus dem latenten Schlummer. Stroll landete am Ende des Rennens jedenfalls auf Rang 10 und staubte einen Zähler ab.
Wie aber kam es zum Durcheinander am Ende? In Runde 41 versuchte Lando Norris den vermeintlich strauchelnden Pierre Gasly zu überholen. Beide Autos verhakten sich kurz ineinander und der McLaren von Norris drehte sich schließlich mehrfach auf der Fahrbahn, bevor er recht demoliert am Streckenrand zum Stehen kam. Klar Sache: Safety Car und somit eine letzte Chance dem etwas drögen Rennen ein bisschen Spannung einzuhauchen. Perez nutzte die Gelegenheit und wechselte auf frische Medium-Reifen um vielleicht doch noch die Chance zu haben Carlos Sainz den letzten Podiumsplatz streitig zu machen. Allerdings hatte Perez durch ein Problem mit einem Sensor an einem Zylinder vorher im Rennen eine Menge Zeit und fortan auch Motorleistung verloren. Somit war trotz eines sehr beherzten Überholversuchs an Sainz kurz vor Ende nur Rang vier im Bereich des Möglichen für den sympathischen Mexikaner. Valtteri Bottas konnte seine super Leistung nicht ganz krönen. Er schlitterte auf alten Sohlen wenige Runden vor Ende etwas neben die Ideallinie. Weit genug, dass beide Mercedes-Fahrer durchrutschen konnten. Schade, rein vom Tempo her war Bottas in Miami definitiv „best of the rest“ hinter Red Bull und Ferrari. Fernando Alonso bekam noch etwas Ärger und wurde nach dem Rennen mit zwei 5-Sekunden-Strafen für zwei separate Vergehen bestraft. Rang 11 für Alonso am Ende.
The American way
Abschließend möchte ich noch ein paar Worte zur Inszenierung des Rennwochenendes verlieren. Die Bilder der Polizeieskorte der Siegfahrer zum Podium sorgten jedenfalls für Schmunzeln bei mir. Ebenso die Pirelli-Football-Helme statt der üblichen Mütze auf dem Podium. Insgesamt haben die Veranstalter eine bunte und überdrehte Atmosphäre geschaffen, die fast schon wirkte wie ein Formel-1-Themenpark. Zu viel des Guten? Auf jeden Fall. Aber so läuft das in Amerika eben und es hinterlässt durchaus einen positiven Eindruck mit wie viel Mühe und Herzblut ein Rennen in Miami zelebriert wurde. Wenn die Strecke im kommenden Jahr noch etwas besseres Racing bietet, dann wird Miami womöglich eines der Saisonhighlights.
Fazit
FazitTOP:
- Max Verstappen präsentierte sich erneut absolut gnadenlos. Trotz eines schwierigen Einstiegs ins Wochenende war er voll konzentriert und nutzte eiskalt die Chance auf den Rennsieg.
- Alex Albon lieferte im vermeintlich schwächsten Auto des Jahres 2022 erneut eine bärenstarke Leistung ab und wurde mit Punkten belohnt.
- George Russell hält seine Strähne am Laufen: In jedem Rennen dieses Jahr landete der Brite unter den besten fünf. Auch wenn der Mercedes weiterhin große Probleme bereitet.
FLOP:
- Mick Schumacher brachte sich mit einer unüberlegten Hauruck-Aktion um sichere erste Punkte. Schade, denn bis zu dem Manöver war seine Leistung in Miami sehr gut.
- McLaren mit einer sehr durchwachsenen Leistung. Norris konnte sich am Samstag noch in Q3 manövrieren, im Rennen reichte es aber für beide Piloten nicht für Punkte, Norris fiel sogar komplett aus.
- Für Alpha Tauri ging es im Rennen ebenfalls nur nach hinten. Pierre Gasly war in den Unfall mit Norris verwickelt und sah dabei etwas unglücklich aus. Tsunoda kam auf keinen grünen Zweig und blieb ohne Punkte.