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GP Reviews #4: Italien / Imola

Das erste Europa-Rennen der Saison 2022 führte uns ausnahmsweise nicht nach Spanien, sondern ins Italienische Imola. Eine legendäre und an Tradition sowie Drama reiche Strecke, die Fans mit denkwürdigen Momenten verbinden. Das epische Duell von Michael Schumacher und Fernando Alonso 2005 etwa oder die verrückten Rennen in den 1980er Jahren, wo Imola eine immense Herausforderung für die sprithungrigen Turbomotoren darstellte und gegen Rennende reihenweise Fahrer ohne Benzin ausrollten. Natürlich steht Imola auch für das schwarze und dramatische Rennwochenende 1994, als Roland Ratzenberger und Ayrton Senna tragisch ums Leben kamen und zahlreiche Zwischenfälle weitere Fahrer, Mechaniker und Zuschauer verletzten.
Mittlerweile ist der Kurs in der Emilia Romagna nach einigen Umbauarbeiten verhältnismäßig sicher, aber immer noch eine Herausforderung für Fahrer und Autos. Auslaufzonen mit Kies statt Asphalt oder die verhältnismäßig schmale Fahrbahn fordern Konzentration und Präzision. Ebenso die Schikanen mit teilweise brutalen Kerbs oder die zahlreichen Höhenunterschiede auf der Runde. Imola ist eben nach wie vor eine old school-Rennstrecke – im besten Sinne. Regenfälle im Verlauf des Wochenendes machten die Herausforderung nochmals kniffliger und so war die Bühne bereitet für ein episches Rennen. Oder doch nicht?

Ferrari-Heimspiel Nummer eins

Aller Zutaten zum Trotz war das diesjährige Imola-Rennwochenende zwar nett anzusehen und unterhaltsam, aber nicht episch. Viele kleine dramatische Details wirbelten die Reihenfolge ein bisschen durcheinander, natürlich gab es auch bei diesem Rennen Sieger und Verlierer, aber alles in allem fehlte die Spannung. Es fehlten die ganz großen Duelle, die wir schon zu Saisonbeginn hatten. Ein Haas auf P4 nach dem Qualifying ist auch nicht mehr die Sensation, die so ein Ergebnis noch vor drei Rennen gewesen wäre. Zumal das regnerische Wetter in Italien ohnehin mehr Chaos und Durcheinander hätte vermuten lassen. Und das erste Sprint-Wochenende des Jahres war es auch noch.
Natürlich ebenfalls das erste von zwei Heimrennen für die bis dato dominante Scuderia Ferrari. Massenweise pilgerten die Tifosi an die Rennstrecke und trotzten dem Regen nur um einen ihrer geliebten roten Rennwagen siegen zu sehen. Spoiler: Hat nicht sollen sein. Pech und individuelle Fehler verhinderten einen ähnlich überzeugenden Auftritt wie ihn die Ferrari in dieser Saison bereits mehrfach gezeigt haben.
Auch für Alpha Tauri war das Imola-Rennen ein waschechter Heim-GP, liegt die Fabrik des ehemaligen Italienischen Minardi-Teams doch in Faenza und damit in unmittelbarer Nähe. Aber auch dem B-Team von Red Bull brachte der Heimvorteil kein Glück. Die Qualifikation am Freitag ging völlig in die Hose und beide Fahrer mussten schon nach Q1 Feierabend machen. Von P16 und P17 ging es beim Sprintrennen am Samstag dann nur für Yuki Tsunoda nach vorne. Pierre Gasly warf Guanyu Zhou aus dem Rennen und beschädigte seinen eigenen Wagen. Da ging nicht mehr viel. Tsunoda hingegen lieferte auch am Sonntag eine gute Leistung ab und konnte im Grand Prix als Siebter wertvolle Punkte einfahren. Für Pierre Gasly war es ein Wochenende zum Vergessen.

Die Spanische Pechsträhne

Eine Konstante hatte das Imola-Wochenende zu bieten: Fernando Alonso und Carlos Sainz werden auch weiterhin vom Pech verfolgt. Nicht umsonst machen seit Wochen diverse Memes die Runde, die im Kern die Aussage haben: „Spain but without the s.“ Also Pain. Schmerz. Und tatsächlich ist es schmerzhaft beiden dabei zuzusehen, wie sie regelmäßig das Potential ihrer Autos nicht in Ergebnisse ummünzen können. Der Seitenkasten an Alonsos Alpine löste sich im Rennen nach einem Kontakt in Runde eins in seine Einzelteile auf und er musste das Rennen vorzeitig beenden.
Für Carlos Sainz kam es ähnlich dick. Nach einem selbstverschuldeten Dreher in Q2 ging es für ihn nur von Position zehn ins Sprintrennen. Dort konnte er sich mit einer konzentrierten Vorstellung bis auf Rang vier vorkämpfen. Eine solide Ausgangslage für den großen Preis am Sonntag. Dort aber rutschte ihm bereits in Kurve zwei der McLaren von Daniel Ricciardo ins Auto und drehte den Ferrari um. Ab ins Kiesbett und Feierabend. Ganz bittere Pille.

Dominante Bullen

Für Red Bull lief im vierten Rennen endlich mal alles glatt. Keine Probleme mit der Zuverlässigkeit. Die Abstimmung optimal getroffen und daher auch vom puren Tempo her schneller als die Ferrari und dennoch schonender im Umgang mit den Reifen. Ein absolut dominantes Wochenende und das lässt sich auch prima belegen. Pole Position für Max Verstappen am Freitag. Platz eins und drei im Sprintrennen am Samstag. Am Sonntag dann ein verdienter Doppelsieg mit einem Grand Slam für Verstappen. Pole, Sieg, jede Runde geführt und die schnellste Rennrunde. So beeindruckend liest sich der Arbeitsnachweis der Red Bull aus Imola. In beiden Gesamtwertungen sieht es daher auch viel rosiger aus als noch vor dem Wochenende. Diese Überlegenheit trug maßgeblich dazu bei, dass der Grand Prix weit weniger spannend war als die bisherigen Rennen 2022. Ein weiterer Faktor war ironischerweise das Wetter. Wo doch Regen sonst immer für unterschiedlichste Strategien und Fahrfehler sorgt… diesmal ging es nur im Qualifying wild zu. Fünf (!) rote Flaggen sieht man definitiv nicht alle Tage. Aber im Prinzip war die Startaufstellung nicht komplett verrückt, nur vereinzelte Überraschungen gab es. Magnussen auf Startplatz vier hatte ich bereits erwähnt. Lando Norris auf Rang drei und Sebastian Vettel mit P9 endlich mal in Q3 waren sicher die freudigen Überraschungen. Übel sah es für Alpha Tauri aus und auch die Mercedes-Fahrer hatten mit P11 für Russell und P13 für Lewis Hamilton nichts zu lachen. Für George Russell ging es im Verlauf des Wochenendes aber noch nach vorne und er beendete den Grand Prix schließlich auf Rang vier. Beeindruckend, wenn man sich vor Augen führt, dass Lewis Hamilton den halben Sonntag am Heckflügel von Pierre Gasly hing und keinen Weg vorbei am Alpha Tauri fand. Platz 13 am Ende und ein Toto Wolff am Funk, der sich beim Starpiloten für ein unfahrbares Auto entschuldigt. Es gibt weiterhin viel zu tun bei den Silberpfeilen. Passenderweise erklärte Hamilton nach dem Rennen der Kampf um die Weltmeisterschaft 2022 habe sich für ihn bereits erledigt. Noch so eine bittere Pille. Ich glaube aber fest daran, dass die Truppe den Weg in die Erfolgsspur noch findet und Hamilton und Russell zumindest noch um Rennsiege kämpfen werden. Der WM-Zug scheint aber tatsächlich schon abgefahren.

Licht und Schatten

Nach dem Sprintrennen unter trockenen Bedingungen regnete es zu Beginn des Hauptrennens am Sonntag wieder heftiger und ein Start auf Slicks war komplett ausgeschlossen. Hatte sich im Sprint die eine DRS-Zone noch als sehr mächtiges Werkzeug zum Überholen dargestellt, war sie am Sonntag in Kombination mit dem Regen tatsächlich keine Hilfe. Zum einen wurde das DRS von der Rennleitung erst ab Runde 32 freigegeben, zum anderen war es abseits der Ideallinie das ganze Rennen noch feucht. So kommt keine Überhollaune auf. Zudem waren im Prinzip alle Fahrer sehr diszipliniert und weitgehend fehlerfrei unterwegs, was bei solchen Mischbedingungen auch eher unüblich ist. So blieb der Imola-GP 2022 eine durchwachsene Angelegenheit.
Werfen wir noch einen Blick ins Mittelfeld und nach hinten. Positiv bewerten muss man die Leistung von Aston Martin. Das Auto ist zwar nach wie vor so gurkig wie es grün ist, aber beide Fahrer lieferten eine sehr konzentrierte Vorstellung ab und konnten erstmals in diesem Jahr Punkte holen. Für Sebastian Vettel war es schon fast eine kleine Wiederauferstehung nach dem Katastrophen-Wochenende in Melbourne und den zwei verpassten Rennen zu Beginn des Jahres. Der Trend zeigt nach oben, das Ergebnis war aber am ehesten den Mischbedingungen und dem Pech einiger Piloten geschuldet. Es gibt für Aston Martin noch viel zu tun, sofern ein Anschluss ans Mittelfeld gelingen soll. Gleiches gilt für Williams. Ein Rennen so grau wie der Himmel über Italien an diesem Wochenende. Keine Pace, keine cleveren Strategiekniffe, keine Punkte. Licht und Schatten bei Alfa Romeo. Während Valtteri Bottas ein unauffälliges Rennen fuhr und mit Platz 5 wertvolle Punkte für das Team holte, war für Guanyu Zhou nichts Zählbares drin. Rang 15 für den Chinesen am Ende. Noch schlechter lief es für Mick Schumacher. Zwei Dreher im Rennen und Rang 17 sind enttäuschend. Vor allem wenn Teamkollege Magnussen erneut glänzt. Nach dem spektakulären Startplatz 4 ging es zwar im Sprint und im Grand Prix nicht mehr ganz so weit vorwärts. Am Ende stehen aber Rang neun und abermals wertvolle Punkte zu Buche. Da muss Mick Schumacher bald nachziehen. Wird er aber, so habe ich es ja schließlich im Artikel mit steilen Thesen zur Saison vorhergesagt.
Alpine erlebte auch ein schwaches Wochenende, Alpha Tauri insgesamt ebenfalls, bleibt nur noch ein Team, das es noch etwas näher zu beleuchten gilt: McLaren. Und da könnte die Überschrift dieses Abschnitts nicht besser passen. Während Lando Norris konzentriert und fehlerfrei aufs Podest fahren konnte, rutschte Daniel Ricciardo beim Start – wie bereits erwähnt – dem armen Carlos Sainz in den Karren und musste sich fortan mit einem beschädigten Auto am Ende des Feldes quälen. Letzter Platz. Und da ist sie wieder: die bittere Pille Nummer drei.

Fazit

Fazit
3 5 0 1
Trotz Sprintformat und Wechselbedingungen kein Krimi für die Ewigkeit. Dafür waren die Fahrer zu diszipliniert und die Dominanz der Red Bull zu groß. Heimpleite für Ferrari und Alpha Tauri, aber ein super Ergebnis im Sinne einer spannenden Weltmeisterschaft.
Trotz Sprintformat und Wechselbedingungen kein Krimi für die Ewigkeit. Dafür waren die Fahrer zu diszipliniert und die Dominanz der Red Bull zu groß. Heimpleite für Ferrari und Alpha Tauri, aber ein super Ergebnis im Sinne einer spannenden Weltmeisterschaft.
3/5
Total Score
Neutral

TOP:

  • Red Bull dominiert das gesamte Wochenende und macht viele Punkte auf die schwächelnden Ferrari gut. Ein optimales Ergebnis im Sinne der WM.
  • Aston Martin nutzt Pech und Fehler aus und holt mit beiden Fahrern Punkte. Sebastian Vettel fuhr über dem Potential seines Autos und war stets in den Top 10 zu finden – stark!
  • Lando Norris krönte ein fehlerfreies Wochenende mit dem zweiten Imola-Podium seiner Karriere. Überzeugend best of the rest.

FLOP:

  • Ferrari mit Pech (Sainz) und individuellen Fehlern (Leclerc) weit abgeschlagen beim ersten Heim-GP.
  • Mick Schumacher muss konstanter und fehlerfreier werden, sonst entzaubert ihn Teamkollege Magnussen womöglich.
  • Ein verhältnismäßig fader Grand Prix trotz Wetterkapriolen. Da hätten uns die Renngötter einen spannenderen Nachmittag bereiten können.

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