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GP Reviews #3: Australien

Das dritte Rennen der Saison 2022 führte uns nach Australien. Seit 1996 ist der Kurs im Albert Park schon fester Bestandteil des Formel-1-Zirkus. Bedingt durch zwei ausgefallene Rennen in den vergangenen Jahren aufgrund der weltweiten Pandemielage, feiert der Kurs in Melbourne dieses Jahr seinen fünfundzwanzigsten Grand Prix. Und passend zum Jubiläum haben die Verantwortlichen dem Kurs nicht nur eine komplett neue Asphaltdecke verpasst, sondern das Layout auch leicht geändert. Die langsame Schikane wurde komplett getilgt, an vielen Stellen wurde das Asphaltband verbreitert und Kurvenradien wurden stellenweise verändert. Die Änderungen machen den Kurs flüssiger, schneller und sorgen potentiell für mehr Action und Überholmöglichkeiten. So wie die ursprünglich angedachten vier (!) DRS-Zonen. Nach den zwei freien Trainings am Freitag wurde eine davon wegen Sicherheitsbedenken aber doch wieder gestrichen. So ging es also mit drei DRS-Zonen ins Rennen. Und mit unzähligen Fans! Über 400.000 Menschen kamen im Verlauf des Wochenendes an die Strecke um der Formel 1 eine rauschende Comeback-Feier zu bescheren. Damit ist das Australien-Rennen 2022 das am besten besuchte Sportevent in Australien aller Zeiten. Wow!

Rote Dominanz

Sportlich versprach das Wochenende erneut einen engen Schlagabtausch zwischen Ferrari und Red Bull. In den freien Trainings sah es auch so aus, als würde sich das Duell Leclerc/Verstappen fortsetzen können. Auch in der Qualifikation machten die zwei Ausnahmekönner den Kampf um die Spitze untereinander aus. Mit dem besseren Ende für Charles Leclerc, der sich bereits die zweite Pole Position in diesem Jahr sichern konnte. Am Rennsonntag war gegen den Ferrari-Piloten aber kein Kraut gewachsen und Leclerc sicherte sich einen dominanten und hochverdienten Sieg. Ihm gelang sogar ein Grand Slam, also die Kombination aus Pole Position, Rennsieg, schnellster Runde im Rennen und allen Führungsrunden im Grand Prix. Wenn der Monegasse und sein roter Renner weiterhin so überzeugend auftreten, wird die Saison zur Hälfte schon entschieden sein. Zumal die Verfolger noch dazu schwächeln…

Blaue Diva

Wir bleiben bei den Überschriften heute farbig. Die blaue Diva ist in dem Fall natürlich Max Verstappens Red Bull. Erneut streikte die Technik und der amtierende Weltmeister musste seinen Dienstwagen vorzeitig abstellen. Über die genauen Gründe für den zweiten Ausfall im dritten Rennen war ad hoc nicht viel bekannt. Man will den Boliden zuhause in der Fabrik in aller Ruhe untersuchen. Die Zuverlässigkeit lässt also noch stark zu wünschen übrig. Aber auch der Speed war in Australien nicht gut genug, um Ferrari zu schlagen. Im Rennen konnte Max Verstappen das Ferrari-Tempo nie mitgehen. Im Augenblick sieht es nicht ganz so rosig aus mit der Titelverteidigung. Allerdings sind erst drei Rennen gefahren, es gibt also noch reichlich Gelegenheit den WM-Kampf spannend zu gestalten.

Silberner Hoffnungsschimmer

Angesichts der Leistungen bei den Testfahrten etwas überraschend steht der Mercedes-Silberpfeil auf Rang zwei in der Teamwertung. Bei den Fahrern das gleiche Bild: George Russell auf Rang zwei. Was den Mercedes noch an Tempo fehlt, kompensieren sie bisher mit makelloser Zuverlässigkeit und gnadenloser Chancenverwertung. So verlieren die Serien-Weltmeister der letzten Jahre im Moment nicht den Anschluss zur Spitze und können womöglich auf lange Sicht in den Kampf um beide WM-Titel eingreifen, sofern die kommenden Upgrades auch das Potential des Autos freisetzen können. Im Sinne der Spannung wäre ein Dreikampf um die WM-Krone natürlich köstlich. Wie George Russell ganz selbstbewusst formuliert hat: WENN es ein Team gibt, das technische Defizite schnell und gezielt beseitigen kann, dann ist es Mercedes. Das war in der jüngeren Vergangenheit tatsächlich so, es gibt daher berechtigte Hoffnung für die Silbernen.

Grüne Gurken

Ein Wochenende zum Vergessen erlebte Aston Martin. Sebastian Vettel kehrte nach überstandener Covid-Erkrankung wieder in sein Cockpit zurück, hatte aber zunächst kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu. Technische Probleme, ein selbst verschuldeter Unfall im Rennen und on top noch eine Geldstrafe für eine unerlaubte Fahrt auf der Strecke mit einem Scooter – der viermalige Weltmeister hatte schon erfreulichere Grand Prix-Wochenenden. Auch Teamkollege Stroll fiel meist negativ auf. Höhepunkt war der bizarre Unfall mit Nicholas Latifi im Qualifying, der ihm eine Strafe einbrachte. Und den Mechanikern ein paar Überstunden. Am Ende blieb für das Team nichts Zählbares. Und weil Alex Albon im Williams mit einem Husarenritt einen Punkt einfahren konnte, rangiert die grüne Truppe von Aston Martin einsam und punktelos am Ende der Tabelle. Wie Vettel selbst sagte: Es kann eigentlich nicht schlimmer werden… hoffen wir, dass er damit recht behält.

Der bunte Rest

Der Australien-GP brachte noch mehr Sieger und Verlierer hervor, die eine Erwähnung verdienen: Für McLaren ging es bergauf, was die Resultate betrifft. Für Ricciardo (P6) endete sein Heim-Grand-Prix erfreulich und auch Teamkollege Lando Norris (P5) brachte gute Punkte nach Hause. Der Optimismus hielt sich dennoch in Grenzen. Im Grunde ist das Auto seit Saisonbeginn unverändert, die guten Ergebnisse sind vor allem dem Streckenlayout geschuldet, das die Schwächen der McLaren nicht so gnadenlos offenlegt wie beispielsweise Bahrain.
Carlos Sainz erlebte wieder kein reibungsloses Rennen und musste – nach Problemen im Quali und nur Startplatz 9 – bereits in Runde drei und einem Fahrfehler die Segel streichen. Der Teamkollege dominiert aktuell und ist in Bestform. Möglich, dass man in Maranello schon an die WM denkt und Sainz recht bald für Leclerc fahren muss. Das wäre wirklich schade. Auch Valtteri Bottas hatte in seinen Mercedes-Jahren unfassbar viel Pech, das ihn letztendlich immer zurückgeworfen und faktisch zum „Wingman“ degradiert hat, der im Zweifel für den Teamkollegen Platz machen musste. Hoffen wir, dass Carlos Sainz nicht ein ähnliches Schicksal droht.
Alpine drehte bisweilen richtig auf und Fernando Alonso lag im Qualifying sogar sensationell auf Pole-Kurs, als sich die Hydraulik an seinem Rennwagen verabschiedete und er deshalb in der Bande landete. Die große Aufholjagd von P10 gelang ihm am Sonntag auch nicht. Taktik und ein schlechtes Timing spülten ihn immer wieder in den Verkehr und so konnte er das Tempo seines Alpine nie richtig umsetzen. In Summe war es kein glückliches Wochenende für beide Spanier im Feld. Immerhin holte Alonsos Teamkollege Ocon als unauffälliger Siebter ein paar Zähler für das Team.
Insgesamt blass blieben auch Alpha Tauri, Haas und Alfa Romeo. Bottas und Gasly holten für ihre Teams wenigstens ein paar Pünktchen, für Haas ging nicht viel zusammen und am Ende blieben die Positionen 13 und 14. Immerhin lag Mick Schumacher vor Teamkollege Magnussen.

Graues Mittelmaß

Um im Farbcode zu bleiben: letztendlich war der Grand Prix in Melbourne 2022 kein Brüller. Die beeindruckende Leistung von Charles Leclerc nahm dem Kampf um den Sieg jegliche Spannung. Interessant wurde es meist durch Aus- und Unfälle und den damit einhergehenden Safety-Car-Phasen. Positiv fielen aber auch einige sehenswerte Überholmanöver von Sergio Perez auf, der mehrfach auf der Strecke in Zweikämpfe verwickelt war und am Ende seine starke Leistung mit dem zweiten Platz krönen konnte. Die verrückte Taktik von Williams, die am Ende mit Platz zehn und dem ersten Saisonpunkt belohnt wurde, ist auch eine Erwähnung wert: Nachdem Alex Albon vom Qualifying disqualifiziert worden war (der Regelverstoß: es konnte keine Benzinprobe entnommen werden), startete er auf der harten Reifenmischung als letzter ins Rennen. Auf diesem Reifensatz bestritt er faktisch die gesamte Distanz, zog eine Runde vor Ende des Grand Prix noch einen anderen Gummi auf um dem Reglement genüge zu tun, und kam schließlich auf P10 ins Ziel. Chapeau!

Fazit

Fazit
3 5 0 1
Ein rauschendes Fest abseits der Strecke, wie man es aus Melbourne gewohnt ist. Das Rennen selbst bot nur selten Spannung, zu makellos war die Leistung von Leclerc an der Spitze, zu zerpflückt der Rennverlauf durch Zwischenfälle und Safety Cars. Solide Unterhaltung, aber kein legendäres Rennen.
Ein rauschendes Fest abseits der Strecke, wie man es aus Melbourne gewohnt ist. Das Rennen selbst bot nur selten Spannung, zu makellos war die Leistung von Leclerc an der Spitze, zu zerpflückt der Rennverlauf durch Zwischenfälle und Safety Cars. Solide Unterhaltung, aber kein legendäres Rennen.
3/5
Neutral

TOP:

  • Charles Leclerc liefert eine herausragende Leistung ab und sichert sich seinen ersten Grand Slam – besser geht es nicht!
  • Mercedes nutzt jede Gelegenheit und hamstert fleißig Punkte – trotz Leistungsdefizit. Der Spirit im Team ist absolut intakt.
  • Die Fans strömen in Massen zur Rennstrecke. Man merkt richtig, wie sehr die Australier ihren Grand Prix in den vergangenen zwei Jahren vermisst haben.

FLOP:

  • Aston Martin hat ein Wochenende zum Vergessen. Zu langsam, zu fehleranfällig. Es braucht dringend eine Trendwende.
  • Spanier im Pech: Sowohl Carlos Sainz als auch Fernando Alonso hatten gleich mehrfach kein Glück und konnten in Australien keine Punkte holen.
  • Max Verstappen wird nach dem zweiten Ausfall im dritten Rennen nicht ruhig schlafen können. Red Bull muss zuverlässiger werden, sonst ist der Ferrari-rote WM-Zug bald abgefahren.

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