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GP Reviews #20: Mexiko

Für gewöhnlich ist Mexiko eines der Highlights im Kalender. Das besondere Ambiente an der Strecke, die herzlichen und leidenschaftlichen Fans, die zahlreichen verrückten Aktionen rund um den Grand Prix und natürlich der permanente Jubel für Lokalmatador Sergio Perez machen das Rennen immer zu einem Knaller. So auch dieses Jahr. Nur dass das Rennen selbst dann leider arg zu wünschen ließ. Somit fand die Action hauptsächlich auf den Tribünen statt und die tapferen Mexikaner ließen sich ihre gute Laune durch nichts verderben.

Gemischter Freitag

Zu Beginn des Rennwochenendes gab es zwei freie Trainings, die beide ungewöhnlich waren und den Teams nicht ihre übliche Vorbereitung auf das Wochenende gestatteten. Im ersten freien Training kamen nämlich wieder einige Nachwuchsfahrer zum Einsatz, was ja eine Pflichtaufgabe für alle Teams ist. So können einige aufstrebende Piloten wertvolle Testkilometer unter Realbedingungen sammeln und sich für die Zukunft empfehlen. Das zweite freie Training wurde für einen Reifentest von Pirelli genutzt. Die Boliden fuhren also mit unmarkierten Reifen über die Strecke und durften auch am Setup keine Änderungen vornehmen. Alles notwendig, damit Pirelli möglichst viele verwertbare Daten sammeln kann, die zur Entwicklung der kommende Reifengeneration dienen. Eine optimale Vorbereitung der Teams war damit aber nicht gegeben, was in der Vergangenheit aber tendenziell eher zu guten Rennen geführt hat. Weil es so absurd war, möchte ich euch das Ergebnis des zweiten freien Trainings aber nochmals in Erinnerung rufen. Die Top 3 waren George Russell vor Yuki Tsunoda und Esteban Ocon. Würde man in einem regulären FP2 eher nicht so erwarten.

Silberne Pole in Reichweite?

Statistisch betrachtet ist die Pole in Mexiko nicht viel wert. Aufgrund der enorm langen Zufahrt zu Kurve eins, bieten sich nach dem Start immer heitere Windschattenspiele und wer auf P1 startet, biegt in Mexiko selten auch als Führender in die erste Kurve ab. Nichtsdestotrotz ist eine Pole Position immer noch etwas Wert. Prestige und eine hübsche Trophäe zum Beispiel. Aber Spaß beiseite: Jeder Rennfahrer will natürlich so schnell fahren wie es eben möglich ist und vom optimalen Startplatz ins Rennen gehen. Statistik hin oder her. So entbrannte auch auf dem Autódromo Hermanos Rodríguez ein heißer Kampf um den Platz an der Sonne und eine möglichst gute Ausgangslage für das Rennen.

Der bis dato starke Auftritt der Mercedes-Piloten ließ aufhorchen und eine Pole Position schien im Bereich des möglichen. Aber dazu gleich mehr, gehen wir chronologisch vor. In Q1 bot sich nämlich ein etwas bizarres Bild. Mick Schumacher und Sebastian Vettel gelang das Kunststück eine identische Rundenzeit hinzulegen. Schade nur, dass sie knapp nicht reichte um die Deutschen Piloten eine Runde weiter zu bringen. Sie scheiterten neben Stroll, Albon und Latifi bereits im Q1. Im zweiten Abschnitt blieben dann beide Alpha Tauri stecken, Kevin Magnussen im zweiten Haas, Zhou Guanyu und knapp auch Daniel Ricciardo. Der dritte Abschnitt hatte es dann durchaus in sich. Überraschungsmann war am Ende Valtteri Bottas, der seinen Alfa Romeo auf Rang sechs qualifizieren konnte. Eine kleine Sensation. Zumal er damit den Ferrari von Charles Leclerc hinter sich lassen konnte.

Am Ende ging es zwischen Mercedes und Red Bull um die Wurst. Und zwischen Russell, Hamilton und Perez passte nicht viel dazwischen. Alle drei qualifizierten sich im Bereich von 0,050s und boten damit reichlich Spannung. Der Spielverderber freilich hieß einmal mehr Max Verstappen. Der Holländer setzte sich deutlich vor das genannte Trio und fuhr mit mehr als drei Zehnteln Vorsprung eine klare Pole ein. Obwohl Verstappen und Red Bull bereits alle Titel in der Tasche haben, kommt im Red-Bull-Lager niemand auf den Gedanken es etwas ruhiger angehen zu lassen. Lokalmatador Perez hatte übrigens das ganze Qualifying mit der Elektronik zu kämpfen und navigierte „blind“ durch die Session, sprich ohne alle relevanten Daten auf dem Display, die einem Fahrer üblicherweise zur Verfügung stehen. In Anbetracht dieser Tatsache ist Rang vier so knapp hinter den Mercedes ein enorm gutes Ergebnis.

Prozession am Sonntag

Ein Spannungselement bei jedem Grand Prix ist immer der Start. Mehr noch beim Mexiko-Rennen, wo der Weg zur ersten Kurve besonders lang ist und Windschattenspiele zwischen den Fahrern in der Regel für viel Action und einige Platzverschiebungen sorgen. Aber schon da enttäuschte der Mexiko-GP 2022 ziemlich. Max Verstappen bog als erster in die erste Kurve ein, dahinter verlor Russell zwei Plätze. Zunächst an seinen Teamkollegen Hamilton, nach einigen Kurven auch an den zweiten Red Bull von Sergio Perez. Wichtiges Detail dabei war, dass die beiden Red Bull auf Soft-Reifen gestartet waren, die Mercedes hingegen auf Medium. Spannung durch unterschiedliche Strategien war also angesagt. Dachten jedenfalls alle zu diesem Zeitpunkt… Ferrari konnte das Tempo der Spitze von Anfang an nicht mitgehen. Bottas verlor einige Plätze und Aktivposten schon im ersten Renndrittel war Daniel Ricciardo. Der Australier war richtig gut drauf und robbte sich nach einem suboptimal Start mit ansehnlichen Überholmanövern nach vorne.

Eines dieser Manöver in Runde 51 ging dann allerdings etwas schief. Mit aller Gewalt wollte sich Ricciardo am Alpha Tauri von Yuki Tsunoda vorbeipressen. Letzterer hatte mit einem Angriff offenbar nicht gerechnet, beide gerieten aneinander und Tsunoda trudelte ins Aus und konnte das Rennen dann auch nicht mehr fortsetzen. Ricciardo kassierte für dieses Manöver eine 10-Sekunden-Strafe, die ihn aber eher zu beflügeln schien als dass sie ihm geschadet hätte. Befreit fuhr er am Ende als „best of the rest“ auf Rang 7 durchs Ziel. Aber was passierte vorne? Nachdem Perez in Runde 23 und Verstappen in Runde 25 ihre Soft-Reifen gegen Mediums getauscht hatten, war noch nicht klar ob das der einzige Stopp für die Red Bull-Piloten bleiben würde. Lewis Hamilton stoppte in Runde 29 und ließ die härteste Mischung aufziehen. Teamkollege Russell folgte fünf Runden später. Die Mercedes sollten also bis zum Ende durchfahren, das schien klar.

Wenige Runden vor dem Ende hatte dann der Pechvogel der Saison wieder seinen Moment: Fernando Alonso rollte Ende der langen Geraden mit einem defekten Motor aus. Unglaublich wie viele Punkte dem Spanier diese Saison schon unverschuldet durch die Lappen gegangen sind. Auch in der Konstrukteurswertung müsste Alpine weit weniger um Platz vier zittern, wenn das Auto so zuverlässig wäre wie es schnell ist. Neben den Eskapaden und Überholmanövern von Ricciardo war das aber irgendwie auch der einzige Aufreger eines ansonsten wirklich zähen Grand Prix. Die euphorischen Mexikaner haben definitiv bessere Rennen verdient. Aber es kann halt nicht immer Spektakel geben, das leuchtet ein. Und insgesamt wurden wir dieses Jahr durchaus mit vielen tollen Rennen verwöhnt. Da darf auch mal ein Langweiler dabei sein.

Der Rekordmann

Am Ende kamen die Red Bull nicht mehr an die Box, der Grand Prix plätscherte vor sich hin und das Podium war identisch zum Vorjahr. Verstappen gewann vor Lewis Hamilton und Sergio Perez. Damit hat Max Verstappen den Rekord für die meisten Siege in einer Saison übertrumpft. Bisher waren Michael Schumacher und Sebastian Vettel mit je 13 Siegen in einem Jahr die Rekordhalter. Max Verstappen erhöhte jetzt bereits auf 14 Erfolge in diesem Jahr. Und es stehen noch zwei Rennen aus. Das zeigt die Dominanz, mit der die Bullen dieses Jahr über weite Strecken agiert haben. Russell landete auf P4, dahinter beide Ferrari im Niemandsland. Sainz wurde Fünfter, Leclerc Sechster, dahinter – wie bereits erwähnt – der bestens aufgelegte Daniel Ricciardo auf Sieben. Ocon, Norris und Bottas machten die Top 10 komplett. Warum die Ferrari übrigens das gesamte Wochenende über so mau unterwegs waren ist schnell erklärt: aufgrund der Höhenluft gab es massive Sicherheitsbedenken bezüglich der Power Units. Man hörte in der Übertragung deutlich wie hoch der Turbo bei den roten Rennern zwitscherte. Um auf Nummer sicher zu gehen wurde die Leistung der Aggregate deutlich zurückgeschraubt. Das wiederum erforderte bei der Abstimmung etliche Kompromisse und so waren die Ferrari nicht nur auf den Geraden relativ langsam, sondern auch noch unruhig in den Kurven. Beide Piloten fanden zu keinem Zeitpunkt eine wirklich brauchbare Balance und rutschten mit deutlichem Respektabstand zur Spitze auf den Plätzen fünf und sechs herum.

Hoffen wir einfach, dass das Sprint-Wochenende in Brasilien wieder mehr Spannung zu bieten hat. Kann Mercedes noch eines der vergangenen zwei Rennen gewinnen? Oder macht Max Verstappen am Ende ganze 16 Siege in diesem Jahr voll? Testet Ferrari eigentlich schon lange für die kommende Saison und hat 2022 völlig abgeschrieben? Und wie gehen die teilweise sehr knappen Duelle in der Konstrukteurswertung aus? Wir werden es in wenigen Wochen wissen, unweigerlich neigt sich die Formel 1-Saison 2022 dem Endspurt entgegen.

Fazit

Fazit
2 5 0 1
2/5
Bad

TOP:

  • Daniel Ricciardo konnte endlich mal wieder groß aufgeigen, belebte das trübe Rennen quasi im Alleingang und wurde am Ende „driver of the day“ – trotz einer 10-Sekunden-Strafe.
  • Mercedes war so nah dran am ersten Saisonsieg wie noch nie in diesem Jahr. Nur Max Verstappen landete vor Lewis Hamilton, der ob der deutlichen Fortschritte trotzdem guter Dinge war.
  • Die besondere Atmosphäre und die Fans in Mexiko sind immer wieder ein Genuss und eine Bereicherung für den Formel-1-Zirkus…

FLOP:

  • …aber das Rennen war in diesem Jahr wirklich mau. Wenig Spannung, wenig Action. Die aktuelle Fahrzeug-Generation harmonierte 2022 jedenfalls nicht mit der Strecke in Mexiko. Schade.
  • Fernando Alonso verlor erneut sichere Punkte aufgrund eines Defekts an seinem Alpine. Der blaue Renner ist schnell, aber unzuverlässig. Alonso wird sich schon auf seine neue Aufgabe bei Aston Martin freuen.
  • Ferrari war ganz klar nur dritte Kraft in Mexiko. Und das mit einem Auto, das zu Saisonbeginn noch wirkte, als sollte es um beide WM-Titel fahren.

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