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GP Reviews #2: Saudi Arabien

Station Nummer zwei der diesjährigen Formel-1-Saison war Saudi Arabien und der frisch erbaute Kurs in Dschidda. Ein bisweilen bizarres Wochenende, das bereits am Freitag unter ziemlich düsteren Vorzeichen begann, am Ende aber zum Glück halbwegs harmlos ablief. Zum einen ist die Strecke von ihrer Charakteristik her – ein enger Stadtkurs gemischt mit sehr flüssigen und schnellen Kurven – schon prädestiniert für hochgradig gefährlichen Rennsport. Zum anderen ist die allgemeine Gemengelage im nahen Osten doch relativ weit von den Sicherheitsstandards entfernt, die wir Mitteleuropäer so genießen dürfen. Am Freitag ereignete sich ein Bombenanschlag in unmittelbarer Nähe der Strecke und erst nach vielen langen Diskussionen waren sich alle mehr oder weniger einig, dass es wohl das Beste ist das Rennwochenende wie geplant durchzuführen. Puh… natürlich vermag ich als Laie aus der Ferne da nicht wirklich ein sachkundiges Urteil abzugeben, aber sagen wir: ich bewundere den Mut aller Beteiligten und hätte für mich sehr wahrscheinlich anders entschieden. The show must go on, hm? Mehr möchte ich dazu auch nicht sagen, konzentrieren wir uns auf das Sportliche!

Der WM-Kampf nimmt Formen an

Erneut war es ein sehr knappes Duell zwischen den Ferrari und den beiden Red Bull. Man darf davon ausgehen, dass sich dieser Kampf an der Spitze mindestens das erste Saisondrittel so fortführen wird. Derart überzeugend und überlegen sind die beiden Fahrzeuge im Vergleich mit dem Rest des Feldes. Wenig überraschend also, dass sich die beiden Teams im Prinzip über alle Sessions des Wochenendes einen Schlagabtausch geliefert haben, bei dem eigentlich zu keinem Zeitpunkt wirklich absehbar war, wer sich am Ende würde durchsetzen können. Nur logisch, dass das Duell um den Sieg dann auch in den letzten Runden des Grand Prix zwischen Max Verstappen und Charles Leclerc ausgefochten wurde. Spannung bis zum Ende und erneut ein harter, aber stets fairer Kampf der beiden Ausnahmekönner. Daran könnten wir uns als Fans doch wirklich gewöhnen, oder? Selbst die Fahrer waren nach dem Rennen voller Anerkennung für den jeweiligen Rivalen und lobten den exzellenten Rennsport, den sie Minuten zuvor auf der Strecke präsentiert haben. Freilich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Bandagen auch in diesem Duell härter werden und wir die ein oder andere Eskalation erleben dürfen. Ich persönlich hoffe, dass es nicht so ausartet wie im vergangenen Jahr zwischen Verstappen und Hamilton. Die Zeit wird es zeigen. Halten wir fest: Erneut ein tolles und enges Duell um den Sieg, beide Autos scheinen gleichwertig und auch die vermeintlichen Nummer-2-Fahrer verrichten super Arbeit. Sergio Perez hat am Samstag seine erste Pole Position überhaupt eingefahren (nach 11 Jahren in der Formel 1!) und das Rennen zunächst souverän angeführt, bevor ihm erst Ferrari mit einer Finte beim Boxenstopp („box for position!“) und dann das Safety Car Steine in den Weg legten. Trotz einer blitzsauberen Leistung blieb da nur Platz 4 im Rennen für den sympathischen Mexikaner. Carlos Sainz saß dem Spitzenduo die komplette Renndistanz im Nacken und landete schlussendlich auf P3. Auch an seiner Leistung kann man nicht wirklich etwas kritisieren.

Achterbahn der Gefühle im Mittelfeld

Hinter dem Spitzenquartett gibt es mehr und weniger zufriedene Fahrer und Teamchefs. Da wären die Sorgenkinder von Mercedes. Lewis Hamilton ist zum ersten mal seit vielen vielen Jahren in Q1 rausgeflogen und startete nur von Rang 15 ins Rennen. Zwar konnte er am Ende als Zehnter im Rennen noch ein Pünktchen mitnehmen und Teamkollege Russell auf Platz 5 sogar derer 10, aber das Auto ist auch weiterhin kein Kandidat für Podien oder Siege. Da hat die Mannschaft von Toto Wolff noch einiges an Arbeit vor sich, entsprechend zerknirscht und verspannt schaute der Österreicher auch das ganze Wochenende drein. Zusätzliche Sorgenfalten wird ihm auch das Abschneiden der Mercedes-Kundenteams bereitet haben. Auf einer Power-Strecke wurden die McLaren, Williams und Aston Martin erneut ziemlich abgehängt und fanden sich im dritten freien Training sogar geschlossen auf den letzten Plätzen im Klassement. Es scheint als hätte die AMG-Power-Unit dieses Jahr weniger Leistung als die Motoren der Konkurrenz. Ob die Umstellung auf E10-Benzin da zu mehr Leistungsverlust geführt hat und vielleicht doch die Expertise eines Andy Cowell fehlt? Alles möglich.
Mehr zu Jubeln gab es zum Beispiel bei Alpine. Rundenlang lieferten sich Esteban Ocon und Fernando Alonso ein großartiges Duell auf der Strecke. Es gesellten sich noch Bottas und Magnussen dazu und machten einen heiteren Vierkampf draus. Nach P5 im Quali durfte Ocon dann einen verdienten sechsten Platz im Rennen und ein paar wertvolle Punkte mitnehmen. Für Fernando Alonso war leider schon vorher Schluss. Ebenso wie für Bottas und Ricciardo. Es fallen wieder Autos aus! Das ist irgendwie eine gute Nachricht, finde ich. Macht es doch die Rennen unvorhersehbarer und die ganze Formel 1 auch etwas menschlicher. Sicher werden alle Teams an Zuverlässigkeit nachlegen und bald schon nahezu 100% fehlerfrei unterwegs sein, aber ich genieße diese Zeit ein bisschen, wo auch Fehler an der Tagesordnung sind. Apropos Fehler: natürlich muss ich auch ein paar Worte zu Mick Schumacher verlieren. Der war am Samstag im Qualifying sehr gut unterwegs, ehe ihn ein kleiner Lapsus den Rest seines Wochenendes kostete. Schumacher landete böse in der Mauer und sein Team entschied sich – aus Mangel an Ersatzteilen! – gegen einen Start beim Rennen. Glücklicherweise ist dem Piloten nichts weiter passiert, das spricht enorm für die Sicherheit der Formel-1-Autos. Dennoch täuscht es nicht darüber hinweg, dass die Rennstrecke in Dschidda unglaublich gefährlich ist und, meiner bescheidenen Meinung nach, im Rennkalender nichts verloren hat. Ich fürchte es ist nur eine Frage der Zeit, bis wirklich etwas Böses passiert. Selbstverständlich hoffe ich aber damit im Unrecht zu bleiben.

Australien ruft!

Ein Wochenende zum Vergessen erlebte übrigens noch Yuki Tsunoda. Im Auto des Japaners war irgendwie der Wurm drin und er konnte bereits im Quali keine Zeit setzen, musste folglich von ganz hinten starten. Darauf hatte sein Alpha Tauri aber offensichtlich keine Lust und quittierte auf dem Weg in die Startaufstellung bereits seinen Dienst. Komplettes Fiasko also. Immerhin konnte Pierre Gasly diesmal durchfahren und sammelte gute Punkte, wenn auch unter enormen Schmerzen. Die letzten 15 Runden des Rennens hatte der Franzose immense Probleme und konnte sich mit letzter Kraft ins Ziel retten. Hut ab, viele andere hätten wohl aufgegeben. Insgesamt schien dieses Rennen unfassbar anstrengend gewesen zu sein. George Russell sagte anschließend er wurde noch nie zuvor körperlich derart gefordert und auch einige weitere Fahrer waren nach dem Zieleinlauf sichtlich am Ende ihrer Kräfte. Kevin Magnussen klagte bereits vor dem Rennen über Schmerzen im Nacken, so hart sind die Fliehkräfte für die Fahrer auf dieser Strecke. Irgendwie wird diese Formel 1 wirklich zunehmend menschlicher in diesem Jahr. Gefällt mir!
Was mir außerdem noch sehr gefällt ist der kommende Grand Prix! Nach zwei Jahren ohne einen Halt in Australien, geht es in zwei Wochen endlich wieder nach Melbourne. Die Strecke im Albert Park wurde zudem etwas umgebaut, was erneut für ein spannendes Rennen sorgen sollte. Hoffen wir, dass Daniel Ricciardo endlich mal etwas Glück bei seinem Heimspiel hat. Wie bereits erwähnt konnte der sympathische Aussie den Saudi-GP nicht beenden, sein McLaren quittierte den Dienst. Immerhin konnte Teamkollege Lando Norris ein paar Punkte für das Team holen. Es geht hoffentlich aufwärts für die orange Truppe aus Woking. Und für alle geht es in zwei Wochen auf den fünften Kontinent – ich freue mich!

Fazit

Fazit
4 5 0 1
Ein tolles Duell um den Sieg, gute Zweikämpfe überall im Feld. Ein neuer Name auf der Pole Position und vor allem: der gesamte F1-Zirkus zieht gesund aus Saudi Arabien weiter. Phew, das hätte auch anders ausgehen können…
Ein tolles Duell um den Sieg, gute Zweikämpfe überall im Feld. Ein neuer Name auf der Pole Position und vor allem: der gesamte F1-Zirkus zieht gesund aus Saudi Arabien weiter. Phew, das hätte auch anders ausgehen können…
4/5
Good

TOP:

  • Charles Leclerc und Max Verstappen liefern sich ein super Duell um die Spitze und wohl auch um den WM-Titel 2022. Mehr davon!
  • Mick Schumacher bleibt unverletzt nach seinem Horror-Crash.
  • Autos mit Defekten, Fahrer am Rande der Erschöpfung – ungewohnt in der ansonsten perfekten Formel-1-Welt, aber ich finde: sehr sympathisch!

FLOP:

  • Die Strecke in Dschidda ist saugefährlich. Hoffentlich kann man da weitere Anpassungen machen, bevor es mal böse kracht.
  • Mercedes-Motoren scheinen wirklich Defizite zu haben. In Anbetracht der Homologation vielleicht sogar auf Jahre hinaus – bitter!
  • Sergio Perez war der große Verlierer der Safety-Car-Phase und konnte seine erste Pole Position nicht in einen Sieg verwandeln. Schade.

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