imkreisfahren
Ein Blog rund um die Welt der Formel 1
Beitragsbild großer Preis der vereinigten arabischen Emirate 2023, Abu Dhabi, Formel 1, F1, Formula 1

Unspektakuläres Saisonfinale in Abu Dhabi

Zum Abschluss des Jahres gab es noch einen überzeugenden Sieg von Max Verstappen, zwei drei interessante Duelle auf der Strecke und in den jeweiligen Wertungen sowie einen Ausblick auf die nächste Generation an talentierten Piloten. Wir schauen zurück auf das letzten Rennen der Saison 2023 und thematisieren die wichtigsten Themenkomplexe rund um das Rennen auf dem pompösen Yas Marina Circuit in Abu Dhabi.

Wir hatten in unserem Vorschau-Podcast zum Rennen in Abu Dhabi bereits vermutet, dass es zum Abschluss des Jahres ein relativ „normales“ Rennen geben sollte. Kein Regen, keine Safety Cars und anderweitige Unterbrechungen. Unter diesen Umständen war Max Verstappen natürlich der klare Favorit. Dass der Niederländer am Ende mit beinahe 18 Sekunden Vorsprung gewonnen hat und das mit einem Auto, dass seit Monaten nicht mehr weiterentwickelt worden war, stieß nicht nur Lewis Hamilton etwas sauer auf. Der RB19 war in diesem Jahr einfach das Maß der Dinge. Die Tatsache, dass Lewis Hamilton beinahe bis zum Ende der Saison noch realistische Chancen auf den zweiten Platz in der Fahrerwertung hatte, lag nicht nur am fahrerischen Talent des siebenfachen Weltmeisters und schon gar nicht am durchwachsenen Mercedes, den der Brite auch 2023 durch die Saison prügeln musste. Es lag einzig und allein am Unvermögen von Sergio Perez das riesige Potential seines Dienstwagens auch regelmäßig abzurufen. So ist es auch wenig überraschend, dass Perez satte 290 Punkte hinter Max Verstappen lag. Da liegen nicht nur Welten, sondern ganze Universen dazwischen. Nicht weniger als 18 Rekorde konnte Max Verstappen in diesem Jahr brechen. So gut harmonierte der Niederländer in der Saison 2023 mit seinem Red Bull RB 19. Bei 21 von 22 Jahren war er auf dem Podium und auch „die Anomalie“ in Singapur hätte Verstappen beinahe noch gerettet. Wir erinnern uns: im Rennen konnte er über weite Strecken das Tempo der Spitze mitgehen und war auf einem guten Weg nach vorne. So entspannt dominant wie über die beinahe gesamte Saison, war Verstappen auch beim letzten Rennen unterwegs.

Training für die Stars von morgen

Neben dem Young Driver Test nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi, diente auch das erste freie Training beinahe allen Mannschaften dazu der Jugend eine Chance zu geben. Das Reglement sieht vor, dass jedes Team im Jahr zwei freie Trainings dazu nutzen muss, Piloten, die bis dato weniger als zwei Rennen in der Formel 1 bestritten haben, eine Gelegenheit zu geben sich zu beweisen. Im bisherigen Saisonverlauf haben nur vereinzelt Mannschaften einem jungen Piloten die Möglichkeit gegeben ein freies Training zu bestreiten, entsprechend häufte sich das jetzt am vergangenen Wochenende in Abu Dhabi. Den besten Eindruck dabei hinterließ Felipe Drugovich, der 2021 die Formel 2 gewonnen hatte und seitdem Test- und Reservepilot bei Aston Martin ist. Diese Rolle wird der Brasilianer auch im kommenden Jahr bekleiden. Mit Rang zwei im freien Training hat er auf jeden Fall bewiesen, dass er jederzeit bereit ist, einen der Stammpiloten würdig zu vertreten. Mit der Einschränkung natürlich, dass wir nicht wissen mit wie viel Benzin im Tank und auf welchem Programm Drugovich unterwegs war, das könnte großen Einfluss auf seine Leistung und die Platzierung haben. Hervorragende Piloten sind ohnehin alle, die es schaffen so eine Hightech-Maschine sicher und schnell um eine Rennstrecke zu bewegen.

Fast schon ein Sprint-Wochenende

Als am Freitagnachmittag dann alle Stammpiloten in ihren Fahrzeugen unterwegs waren und das Wochenende für viele erst so richtig begann, war die Session aber geprägt von Unterbrechungen und Problemen. So konnte kaum jemand sein geplantes Programm durchziehen und ausreichend Abstimmungsarbeit betreiben oder Qualifying- und Rennsimulationen durchführen, wie es an einem Freitag eigentlich üblich ist. Zunächst drehte sich nämlich Carlos Sainz von der Strecke und beschädigte dabei sowohl seinen Ferrari, als auch die Streckenbegrenzung. Eine rote Flagge und Reparaturmaßnahmen waren die Folge. Die Zeit lief aber dennoch heiter weiter. Kaum war das Training wieder freigegeben, passierte Nico Hülkenberg ein ähnlicher Fauxpas. Wenig Zeit also für alle, um signifikante Arbeiten am Auto vorzunehmen. So blieb vor der Qualifikation am Samstag dann nur noch das dritte freie Training, um sich auf das Rennen vorzubereiten. Beinahe schon wie an einem Sprint-Wochenende…

Probleme und Spannung

Kaum ein Qualifying im letzten Viertel der Saison verlief ohne das Straucheln eines oder mehrerer Mitfavoriten. Auch Abu Dhabi bildete da keine Ausnahme. Als wäre der Ausritt am Freitag für Carlos Sainz nicht schon schlimm genug gewesen, arbeitete seine Crew auch etwas zu lange am Setup seines Ferrari SF-23 und der Spanier kam etwas später als gewünscht auf die Strecke um seine schnelle Runde im Q1 in Angriff zu nehmen. Prompt hatte er viel Verkehr und konnte keine Zeit setzen, die schnell genug war, um ins Q2 einzuziehen. Autsch! Nur Platz 16 für Sainz. Nach dem Fiasko in Las Vegas mit dem Gullydeckel und der Strafversetzung, war das erneut ein unglücklicher Auftritt des Ferrari-Piloten, für den sicher auch in Abu Dhabi erheblich mehr drin gewesen wäre. Im Hinblick auf den engen Kampf gegen Mercedes um Platz zwei in der Konstrukteurswertung war es natürlich ebenso keine optimale Ausgangslage.

Aber immerhin tat sich auch Lewis Hamilton erneut schwer seinen bockigen Mercedes zu einer konkurrenzfähigen Zeit zu motivieren. Für den Briten reichte es nur zu Rang elf in der Startaufstellung. So viel schlechter war Sainz dann auch nicht. Ein Hauch von Erleichterung also für Ferrari an dieser Stelle. In den Top 10 tummelten sich dann neben den üblichen Verdächtigen überraschend Nico Hülkenberg auf Rang acht und sensationell Yuki Tsunoda auf P6. Auch für Alpha Tauri ging es in Abu Dhabi um Einiges. Nicht nur wollte sich die Mannschaft beim letzten Auftritt von Teamchef Franz Tost möglichst konkurrenzfähig präsentieren, es ging auch noch um Rang sieben in der Konstrukteurswertung gegen Williams. Neben Ruhm und Ehre winken dabei natürlich auch zahlreiche Millionen Dollar aus dem Preisgeld-Top der FIA. Für Spannung war vor dem Grand Prix eigentlich gesorgt.

Die Ausgangslage sah folgendermaßen aus: Verstappen ging von der Pole Position aus ins Rennen, dahinter Leclerc, Piastri, Russell und Norris. Beide McLaren wirkten auf jeden Fall stark. Lando Norris hätte auch locker in der ersten Startreihe stehen können, hatte auf seiner entscheidenden Runde aber einen wilden Drift im letzten Sektor, der ein bisschen Zeit gekostet hat. Sergio Perez tauchte erst auf Platz neun auf – erneut kein berauschendes Qualifying vom Mexikaner. Aber auch ihn sollte man im Rennen bekanntlich nie abschreiben.

Der gnadenlose Verstappen

Die Hoffnung aller Fans auf ein spannendes Rennen am Sonntag hielt nur wenige Kurven lang. Charles Leclerc erwischte einen super Start und hatte zwei, drei gute Möglichkeiten Max Verstappen den Spitzenplatz streitig zu machen. Aber Verstappen hat nichts zugelassen und nicht den winzigsten Fehler gemacht. Gewohnt humorlos und knallhart wehrte er jeden Versuch des Ferrari-Piloten ab und verabschiedete sich nach Runde eins dann auch vom Rest des Feldes und fuhr allen davon. Charles Leclerc hatte ohnehin das große Ganze im Blick und konnte keine Risiken eingehen. Im Kampf um Platz zwei gegen Mercedes zählte zwar jeder Punkt, aber durchfahren und ankommen war natürlich das höchste Gebot.

In der Anfangsphase ging es für Lando Norris bis auf Platz drei nach vorne, Oscar Piastri hingegen fiel etwas ab. George Russell hielt sich wacker und war der stärkere der Mercedes-Piloten an diesem Wochenende. Fest entschlossen wollte er den Kampf um Platz zwei in der Konstrukteurswertung mit Leclerc auf der Strecke austragen. Das war aber auch schon das größte Spannungsmoment im Rennen. Hülkenberg verlor am Start einen Haufen Plätze, Yuki Tsunoda hielt sich wacker in den Top 10 und sollte als einziger eine 1-Stopp-Strategie wagen. Er schaffte 22 Runden auf dem Medium, ehe er sich einen Satz harte Reifen aufziehen ließ, um damit bis zum Ende durchzufahren. Cooles Detail: Da Tsunoda signifikant länger draußen blieb als alle Konkurrenten vor ihm, konnte der Japaner sogar ein paar Führungskilometer sammeln. Die ersten eines japanischen Piloten seit Takuma Sato am Nürburgring 2004.

Zwei Schrecksekunden für HAM

Für Lewis Hamilton gab es zwei Aufreger im Verlauf des Rennens. Zunächst war er überrascht von Pierre Gasly, der vor ihm fuhr und sich beim Anbremsen der Schikane nach der langen Gegengeraden vertan hatte. Gasly rutschte mit einem stehenden Vorderrad in die Kurve, Hamilton touchierte währenddessen das Heck des Alpine und beschädigte bei dieser Aktion seinen Frontflügel und den Dienstwagen von Gasly gleich mit. Das hat beiden sicher nicht geholfen. In Runde 37 fuhr Fernando Alonso direkt vor Lewis Hamilton aus der Box wieder auf die Strecke und scherte dabei etwas weit nach rechts rüber. Dabei bremste der Spanier auch merkwürdig früh und beinahe hätte es noch ein Missverständnis gegeben und womöglich einen Unfall. Diesmal war Hamilton aber wacher. Er fluchte am Funk zwar über die unberechenbare Fahrweise von Alonso, zum Kontakt kam es aber glücklicherweise nicht. Die geniale Idee hinter dem Manöver: Alonso wollte Lewis Hamilton zu einem Überholmanöver einladen und zwar rechtzeitig vor dem Messpunkt für das DRS. So hätte Alonso auf der folgenden Geraden seinen Heckflügel öffnen und locker an Hamilton vorbeiziehen können und vor allem vermeiden, das Hamilton ihn überholt. Dennoch: etwas ungeschickt und potentiell gefährlich war die Aktion leider schon. Das haben wir von Alonso bereits cleverer gesehen.

Der dritte Aktivposten im Rennen war Sergio Perez. Der Mexikaner hatte von Startplatz neun ja einiges gutzumachen und kämpfte sich wacker nach vorne. Dabei zeigte Perez einerseits starke Manöver, geriet andererseits aber auch mit der Konkurrenz aneinander. Beim Versuch an Lando Norris vorbeizugehen gab es einen kleinen Kontakt, der für beide Piloten aber eigentlich unerheblich war. Sie konnten problemlos weiterfahren, allerdings hatte die Rennleitung ein Auge drauf und sah die Schuld für den Kontakt bei Sergio Perez. Dafür gab es für den Red-Bull-Piloten eine (nicht unumstrittene) Zeitstrafe von fünf Sekunden, die ihm am Ende auf sein Ergebnis draufgerechnet werden sollte. Diese Tatsache war die Würze im letzten Abschnitt des Rennens und nicht unerheblich am Ausgang des Kampfes um Rang zwei bei den Konstrukteuren beteiligt. Hinter Verstappen, der an der Spitze einmal mehr sein eigenes Rennen fuhr, lagen Charles Leclerc und einige Sekunden dahinter George Russell. Diese Konstellation würde genügen, um Platz zwei in der Gesamtwertung für Mercedes zu sichern. Von hinten pflügte Perez aber durchs Feld und war auf dem Vormarsch. Hätte sich der Mexikaner zwischen Leclerc und Russell schieben können, hätte das den Ausgang der WM zugunsten von Ferrari verändert.

Finale mit Pfeffer

In dieser Phase bewies Charles Leclerc enorme Übersicht und erkundigte sich am Funk darüber wie groß der Rückstand von Russell auf Perez sei. Zu diesem Zeitpunkt war Sergio Perez schon an George Russell vorbei und saß dem Ferrari-Piloten fast im Nacken. Leclerc plante Sergio Perez etwas Windschatten zu spenden und den Mexikaner daraufhin kampflos ziehen zu lassen. Wohl wissend, dass er nur in einem 5-Sekunden-Fenster hinter Perez bleiben musste, um seinen zweiten Platz am Ende wieder einzunehmen. Die Idee war Sergio Perez dabei zu unterstützten, dass dieser seinerseits mehr als fünf Sekunden Vorsprung auf Russell rausfahren kann und selbst nach der Bestrafung noch vor dem Mercedes-Piloten bleiben würde. Super mitgedacht und auch gut umgesetzt. Der Plan ging dennoch nicht auf. Zu wenige Runden blieben Perez im Rennen, um genug Vorsprung rauszufahren und somit überquerte der Mexikaner zwar als zweiter die Ziellinie, wurde nach Berücksichtigung seiner Strafe am Ende als Vierter gewertet. Russell blieb auf dem Treppchen und sicherte Mercedes den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM. Großes Lob dabei nochmal an Charles Leclerc: er hätte Russell auch problemlos blockieren können, um es Perez zu ermöglichen genug Vorsprung rauszufahren. Der Monegasse blieb allerdings fair und sah von derlei schmutzigen Tricks ab. Davor muss man den Hut ziehen, das hätte manch anderer Pilot sicher anders gelöst. Wir erinnern uns z.B. an das Saisonfinale an gleicher Stelle 2016, als Lewis Hamilton seinen Teamkollegen Nico Rosberg im Titelkampf bewusst aufhielt, um ihn ins DRS-Fenster der hinterherfahrenden Piloten zu drängen. Clever, aber schon eher auf der „schmutzigen“ Seite der Trickkiste.

War noch was?

Im Kampf um Rang sieben in der Konstrukteurs-WM tat sich nichts mehr. Zwar konnte Yuki Tsunoda seine hervorragende Leistung mit einem achten Platz und vier Zählern krönen, das reichte aber nicht, um Williams noch einzuholen. Da weder Tsunodas Teamkollege Daniel Ricciardo noch Logan Sargeant oder Alex Albon punkten konnten, blieb Williams auf Rang sieben, Alpha Tauri am Ende auf der acht. Etwas überraschend ging aus dem Vierkampf um Platz vier in der Fahrer-WM Fernando Alonso siegreich hervor. Neben beiden Ferrari-Piloten hatte auch Lando Norris noch die Chance auf die vierte Position. Mit einem siebten Platz im Rennen holte Alonso aber gerade so genug Punkte um sich die – am Ende freilich bedeutungslose – vierte Position in der Wertung zu sichern. Punktgleich mit Charles Leclerc übrigens, aber in diesem Fall greift die Anzahl der Podiumsplatzierungen über die Saison hinweg und da spricht die Statsitik eindeutig für Alonso. Und damit endet die Formel-1-Saison 2023 relativ harmlos und mäßig spannend in Abu Dhabi. Insgesamt war das Jahr natürlich geprägt von der märchenhaften Dominanz der Red Bull und vor allem von Max Verstappen. Es bleibt zu hoffen, dass anderen Teams über den Winter ein ähnlicher Sprung gelingt wie Aston Martin und McLaren, damit es an der Spitze im kommenden Jahr enger und spannender zugeht. Bis zum Saisonstart sind es weniger als 100 Tage und auch hier auf www.imkreisfahren.de wird es bis dahin etwas ruhiger. Wenngleich wir im stillen Kämmerlein an einige Überraschungen werkeln, die ihr schon bald sehen könnt. Bleibt also gespannt und eine schöne Zeit euch allen!

Fazit

Fazit
2 5 0 1
2/5
Bad
  • Max Verstappen dominiert auch im letzten Rennen mühelos. Und das mit einem Auto, dessen Entwicklung schon vor Monaten aufgehört hat. Das ist einfach erstaunlich und muss neidlos anerkannt werden.
  • Charles Leclerc kämpfte im Quali, am Start und das gesamte Rennen über für Ferrari, auch wenn es am Ende knapp nicht gereicht hat. Pluspunkte für das faire Verhalten im Endspurt, als er auch anders hätte agieren können.
  • Yuki Tsunoda lieferte zum Abschied seines Teamchefs Franz Tost eines seiner besten Wochenenden in der Formel 1 ab. Super Quali, die ersten Führungskilometer und am Ende nochmals Punkte – top Leistung!
  • Dass Verstappen mit einem „unterentwickelten“ Auto auch im letzten Rennen noch dominiert muss man zwar respektieren. Die Spannung leider darunter aber natürlich insgesamt schon. Das muss besser werden!
  • Nico Hülkenberg stellte demonstrativ den Haas mit der alten Spezifikation ins Q3, Magnussen im „neuen“ Auto gelang das nicht. Im Rennen ging für beide wieder nichts. Haas bleibt das Schlusslicht in der Tabelle.
  • Die Strecke in Abu Dhabi ist zwar hypermodern und bietet beste Arbeitsbedingungen für alle Beteiligten. Das Racing lässt aber auch nach dem Umbau vor einigen Jahren zu wünschen übrig. Schade.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie-Einstellungen