imkreisfahren
Ein Blog rund um die Welt der Formel 1
Beitragsbild großer Preis von Ungarn 2023, Formel 1, F1, Formula 1

Rekorde in Ungarn

Der große Preis von Ungarn war kein allzu spannender Grand Prix. Dominiert von strategischen Winkelzügen und hohem Abbau der Reifen und mit relativ wenig Action auf der Strecke. Dominator Max Verstappen bescherte seiner Red-Bull-Truppe einen legendären Rekord und baute seine Führung in der WM weiter aus. Immerhin: McLaren und Lewis Hamilton sorgten für etwas Würze an der Spitze. Hier unser Bericht:

Bei der Siegerehrung nach dem Grand Prix von Ungarn ereignete sich eine kuriose Szene, die man aber durchaus symbolisch deuten kann: Lando Norris brachte versehentlich den Siegerpokal von Max Verstappen zu Fall und dieser brach bei dem Missgeschick auseinander. Traditionell gibt es in Ungarn aufwändig produzierte Pokale aus Porzellan, die an große Vasen erinnern. Entsprechend leicht ging das gute Stück zu Bruch. Lando Norris war es ein bisschen peinlich, aber alle Beteiligten lachten das Missgeschick einfach weg, zu viel Zufriedenheit herrschte nach dem Grand Prix auf dem Podest. Tatsächlich – und hier kommen wir zum symbolischen Teil der Anekdote – würde Lando Norris vermutlich nichts lieber tun, als die Vorherrschaft von Max Verstappen und seiner Red-Bull-Truppe zu brechen. Da kann man mit einem Pokal anfangen, vielleicht folgt beim kommenden Rennen in Spa bereits ein erfolgreicher Angriff auf der Strecke. Offensichtlich beherrscht der McLaren seit dem großen Upgrade langsame wie auch schnelle Kurse und Norris war in Spa bisher ohnehin immer stark unterwegs. Aber bevor wir in die Zukunft blicken, sollten wir noch ein wenig in der Gegenwart verharren und auf das Rennen am Hungaroring blicken.

Ein Podium voll lachender Gesichter

Neben Seriensieger Verstappen und dem zweitplatzierten Lando Norris gastierte auch der zweite Red Bull von Sergio Perez mal wieder auf dem Podest. Zum ersten mal seit fünf Rennen konnte sich der Mexikaner in einem sehr knappen Qualifying in den dritten Abschnitt retten. Zwar startete er lediglich von Rang neun und damit immer noch recht weit weg vom Optimum, aber im Rennen ging der Red Bull deutlich besser als in der Qualifikation und so konnte Perez einmal mehr mit einer tollen Aufholjagd überzeugen und sich, wie erwähnt, Rang drei in Ungarn sichern. Auch Chefingenieur Paul Monaghan (der als Vertreter des siegreichen Konstrukteurs mit auf dem Podium feierte) hatte viel zu lachen, hat die Truppe doch mit zwölf Siegen in Folge einen einmaligen Rekord in der Formel 1 übertroffen. Seit 35 Jahren stand die Siegesserie des legendären McLaren MP4/4 aus dem Jahr 1988 bei elf Triumphen in Folge. Alain Prost und Ayrton Senna gewannen in dieser Saison insgesamt 15 von 16 Rennen. Eine Dominanz, wie es sie bis dahin und auch seitdem in dieser Form nicht gegeben hat. Bis jetzt! Rational betrachtet spricht wenig dagegen, dass Red Bull diese Serie nicht in der zweiten Hälfte dieser Saison fortführen und vielleicht sogar alle Rennen in diesem Jahr gewinnen könnte. Zu stark scheint insbesondere die Paarung aus dem RB19 und Max Verstappen, zu unbeständig und wechselhaft die Form der Verfolger. Mal sehen, welche Geschichte die Saison 2023 noch schreibt und ob wir künftig über vor allem über dieses Jahr sprechen, wenn es um einmalige Dominanz geht.

Noch mehr Rekorde und Statistiken

Aber nicht nur die längste Siegessträhne eines Teams muss nach dem Ungarn-Wochenende umgeschrieben werden. Lewis Hamilton ist seit dem Rennen auf dem Hungaroring nun alleiniger Rekordhalter, was die meisten Pole Positions auf einer Strecke betrifft. Am Samstag gelang dem Briten, der sich hauchdünn vor Max Verstappen durchsetzen konnte, seine neunte Pole in Ungarn. Mehr hat noch niemand geschafft, Hut ab! Und mit dem Doppelpodium am Sonntag hat Red Bull zwar keinen neuen Rekord inne, aber eine symbolträchtige Marke erreicht. Seit Ungarn 2023 gehört die Truppe aus Milton Keynes zu den Formel-1-Teams, die mehr als 250 Podiumsplätze erreicht haben. Um genau zu sein, steht Red Bull jetzt bei exakt 251. Lediglich Mercedes (286), Williams (313), McLaren (496) und Ferrari (800) rangieren vor dem aktuellen Konstrukteurs-Weltmeister. Ebenfalls beachtlich.

Butter bei die Fische

Warum wir bisher nur sporadisch über das Rennwochenende selbst gesprochen liegt daran, dass es ehrlich gesagt kein allzu spannender Grand Prix war. Beinahe schon Gewohnheit in dieser Saison: das Qualifying bot mehr Aufreger und Überraschungen als das Rennen selbst. Das war auch in Ungarn wieder der Fall. Die kleine Variante, die im Quali ausprobiert wurde, erwischte den ein oder anderen Piloten eiskalt und generell waren die Abstände unfassbar knapp. Der erste Abschnitt der Qualifikation durfte an diesem Wochenende nur mit harten Reifen gefahren werden, Q2 auf Mediums und in Q3 waren Soft-Reifen Pflicht für alle. Gerade in Q1 führte dieser Umstand zu einigen unorthodoxen Strategien. Manche Fahrer fuhren viele Runden am Stück, andere ließen kurz vor Ende der Session neue Pneus aufziehen und am Ende hofften die meisten so spät, wie möglich eine Rundenzeit setzen zu können und von einer möglichst griffigen Strecke zu profitieren. Das führte zu einem furchtbaren Stau vor der letzten Kurve und einige Piloten pfiffen auf den Ehrenkodex, der in so einer Situation eigentlich besagt, dass man Abstand hält und jeder eine möglichst saubere Runde antreten darf. Einige wurden ungeduldig und mogelten sich an vorausfahrenden Kontrahenten vorbei, um überhaupt noch rechtzeitig über die Linie zu kommen und eine gezeitete Runde fahren zu können. George Russell war einer der Leidtragenden und konnte am Ende keine wirklich schnelle Runde mehr fahren, da sich einige eben nicht an die stille Abmachung gehalten und vor seinen Mercedes gedrängt hatten. Die Konsequenz: Für Russell war bereits in Q1 Schluss und er musste das Rennen von Position 18 in Angriff nehmen. Eine bittere Pille.

Besser lief es übrigens für Rückkehrer Daniel Ricciardo. Der Australier, der nach dem letzten Grand Prix statt Nyck De Vries bei Alpha Tauri „eingewechselt“ wurde, konnte auf Anhieb super abliefern und zog nicht nur ins Q2 ein, sondern bügelte direkt zum Auftakt seiner persönlichen Rennsaison auch Teamkollege Yuki Tsunoda. Platz 13 im unterlegenen Boliden aus Faenza ist aller Ehren wert. Damit konnte er auch einen Alpine und einen Aston Martin hinter sich lassen. Schluss in Q2 war übrigens auch für Carlos Sainz. Um mickrige 0.002 Sekunden verpasste der Spanier im Ferrari den Einzug in den dritten Abschnitt der Qualifikation. Das war nicht gut. Sensationell hingegen die Vorstellung der beiden Alfa Romeo. Scheinbar mühelos arbeiteten sich Zhou Guanyu und Valtteri Bottas ins Q3 und letztendlich auf die Startplätze fünf (Zhou) und sieben (Bottas). Auch Hülkenberg pilotierte seinen Haas einmal mehr ins Q3 und ging von Rang zehn ins Rennen. Beide McLaren überzeugten nach Silverstone auch auf einer Rennstrecke mit gänzlich anderen Anforderungen und platzierten sich hinter Hamilton und Verstappen auf den Plätzen drei (Norris) und vier (Piastri).

Der kurze Prozess

Am Start wurde nicht lange gefackelt. Max Verstappen vernaschte Lewis Hamilton direkt auf den ersten Metern und führte von da aus souverän und ungefährdet den Grand Prix von Ungarn an. Hamilton verlor in der Startrunde noch zwei Plätze an die beiden McLaren-Piloten und war gleich richtig bedient. Schlimmer kam es aber zunächst für Zhou Guanyu, anschließend auch für Daniel Ricciardo und vor allem die beiden Alpine-Fahrer. Was war passiert? Am Start zickte der Alfa Romeo von Zhou und es gab ein Problem mit dem Gaspedal. Der Chinese kam nur sehr spät und langsam vom Fleck, etliche Piloten mussten dem keuchenden Fahrzeug ausweichen. Kurz vor dem ersten Bremspunkt scherte Daniel Ricciardo dann vor die Nase des Alfa ein und störte vermutlich etwas die Aerodynamik – ein gängiges Phänomen. Im Affekt verbremste sich Zhou aber, rauschte Ricciardo ins Heck und löste damit eine Kettenreaktion aus, an deren Ende plötzlich zwei demolierte Alpine-Autos standen. Der Schubser von Zhou zwang Ricciardo in eine missliche Lage und er berührte Esteban Ocon, der wiederum unkontrolliert in seinen Teamkollegen Pierre Gasly rauschte, der versucht hatte sich ganz außen in Kurve eins aus allem Tumult rauszuhalten. Das hat nicht geklappt… Abgesehen von den Alpine konnten zwar alle weiterfahren, hatten aber natürlich viele Plätze eingebüßt und mussten ab Kurve eins im Prinzip Schadensbegrenzung betreiben.

Zwei mal durch das Feld gepflügt

Apropos Schadensbegrenzung: Auch Sergio Perez von Platz neun und vor allem George Russell von Rang 18 hatten im Rennen eine Menge vor und beide legten auch ein sehr ansprechendes Rennen hin. Sie glänzten durch kompromisslose Überholmanöver und fuhren zeitweise wie entfesselt. Allerdings waren sie beinahe auch die einzigen Aktivposten in einem Rennen, das vor allem durch Reifen und Strategie geprägt wurde. Ferrari machte Ferrari-Dinge und fiel im Verlauf des Wochenendes vor allem über angespannten Boxenfunk mit beiden Piloten auf. Bei Charles Leclerc kam noch ein verpatzter Boxenstopp und eine selbst verschuldete Strafe des Piloten selbst dazu, der in der Boxengasse etwas über dem Tempolimit unterwegs war. Die Scuderia befindet sich einfach in einem Formtief, aus dem es aktuell keinen Ausweg zu geben scheint. Ähnlich stellt sich die Situation bei Aston Martin dar. Fernando Alonso ist noch konzentriert und ruhig, fährt souverän am Limit dessen, was das Auto hergibt, aber das ist zur Zeit überschaubar. Vor wenigen Rennen war der Spanier noch sicher, dass er in jedem Rennen auf dem Podium landen würde und es vielleicht sogar mit Red Bull aufnehmen könnte. Jetzt fährt er mit Müh und Not um Rang acht oder neun. Da haben andere Mannschaften in den letzten Wochen und Monaten einfach einen besseren Job gemacht. Aber ein Upgrade steht für die grünen Renner noch an. Entweder in Spa oder in Zandvoort nach der Sommerpause kommen neue Teile.

Was bleibt…?!

An viele Szenen wird man sich aus diesem Ungarn-Rennen in Zukunft sicher nicht erinnern. Zu dominant war Max Verstappen vorne wieder. Zu harmlos und unspektakulär war das Reifenschach und zu gewöhnlich und vorhersehbar der gesamte Rennverlauf. Dass Lewis Hamilton wieder eine Pole Position geholt hat war eine schöne Überraschung. Dass er seinen Startplatz allerdings am Sonntag nicht in ein besseres Resultat ummünzen konnte, war dafür enttäuschend. Ähnliche Situation bei Alfa Romeo: Sensation am Samstag, Desaster am Sonntag. McLaren etabliert sich indes als zweitstärkste Truppe hinter Red Bull. In dieser Form muss selbst Ferrari um Rang vier in der Konstrukteurswertung fürchten. Oder am besten selbst dringend nachlegen und wieder für positive Schlagzeilen sorgen. Alpine wird diesen Grand Prix ohnehin so schnell wie möglich vergessen wollen. Auch da lodert es intern, was wir übrigens etwas ausgiebiger in unserer aktuellen Podcast-Episode besprechen. Reinhören lohnt sich immer! Ansonsten bleibt uns nur ein kleiner Blick nach Belgien, wo bereits am kommenden Wochenende in Spa gefahren wird. Eine der besten Strecken überhaupt und immer für tolle Rennen gut. Hoffen wir, dass es auch in diesem Jahr ein Spektakel gibt und alle Beteiligten gesund durchkommen.

Fazit

Fazit
3 5 0 1
Wie so oft in dieser Saison war der Quali-Samstag deutlich spannender als der Renn-Sonntag. Max Verstappen gewinnt locker auch von Startplatz zwei aus, dahinter entwickelt sich ein Rennen, das an Reifenschach erinnert. Lediglich Perez und Russell sorgen für ein bisschen Action. Das geht besser.
Wie so oft in dieser Saison war der Quali-Samstag deutlich spannender als der Renn-Sonntag. Max Verstappen gewinnt locker auch von Startplatz zwei aus, dahinter entwickelt sich ein Rennen, das an Reifenschach erinnert. Lediglich Perez und Russell sorgen für ein bisschen Action. Das geht besser.
3/5
Neutral

TOP:

  • Red Bull eilt weiter von einem Rekord zum anderen. Zwölf Rennen am Stück hat noch keine Mannschaft gewonnen. Bis jetzt! Wie weit wird Red Bull diese Statistik noch nach oben treiben?
  • McLaren bestätigt die starke Form auch auf einer eher langsamen Strecke. Der MCL60 wirkt wie verwandelt und könnte in den kommenden Rennen weiter für Furore sorgen. Norris und Piastri fahren zudem tadellos.
  • Beide Alfa Romeo tauchten am Samstag plötzlich in Q3 auf und schienen sehr gut bei der Musik. Ein mieser Start von Zhou Guanyu und etwas Pech kosteten am Sonntag ein besseres Ergebnis. Dennoch: ermutigend!

FLOP:

  • Ferrari fiel einmal mehr durch eifrige Diskussionen am Boxenfunk und merkwürdige Entscheidungen auf. Das Tempo war in Ungarn zu keinem Zeitpunkt gut genug um vorne anzugreifen. Die Scuderia stagniert.
  • Aston Martin blieb ebenfalls blass. Fernando Alonso holt souverän raus, was es rauszuholen gibt, aber das ist kein Vergleich zur hervorragenden Form vom Beginn der Saison.
  • Alpine erlebte bereits in Runde eins ein totales Debakel. Unverschuldet wurden beide Autos in einen Unfall verwickelt, kollidierten miteinander und markierten die einzigen zwei Ausfälle des Rennens. Desaströs.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie-Einstellungen